Digitale Barrierefreiheit: Webseiten vorhersehbar gestalten

Webdesign für eine barrierefreie Online-Erfahrung

Digitale Inklusion wird in der Webentwicklung immer wichtiger. Ein Teilbereich davon befasst sich damit, wie vorhersehbar die Funktionalität und Gestaltung von Webangeboten für den User sein sollten.
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Im Juni 2025 kommt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), das die Inklusion fördern und Webseiten für alle zugänglich machen soll. Betreiber von Onlinediensten können sich an den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) orientieren, die Richtlinien für barrierefreie Webinhalte vorgeben. Ein wichtiger Punkt dieser Richtlinien ist §3.2, der sich mit der Vorhersehbarkeit von Webangeboten befasst.

Hier wird definiert, was alles darunter zu verstehen ist und wie Unternehmen dafür sorgen können, dass auch ihre Webseite vorhersehbar funktioniert und damit dieses wichtige Kriterium der Barrierefreiheit erfüllt. In diesem Blogbeitrag der Fast Forward IT stellen wir Ihnen die einzelnen Punkte vor und gehen im Detail darauf ein, wie Sie sie umsetzen können.

Warum sind barrierefreie Inhalte so wichtig?

Laut der LEO-Studie der Universität Hamburg sind mehr als 6 Millionen Erwachsene allein in Deutschland von geringer Literalität betroffen, haben also Probleme beim Verständnis einfacher Texte. Daneben gibt es eine beträchtliche Anzahl von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen. Von diesen Menschen tun sich viele damit schwer, digitale Angebote (vollumfänglich) zu nutzen, da diese nicht oder nur teilweise barrierefrei gestaltet sind. Das kann bereits ein vermeintlich einfacher Vorgang wie das Verfassen einer E-Mail sein, der für solche Nutzer eine größere Hürde darstellt. Digitale Inklusion wird dadurch natürlich erschwert.

Vor allem betrifft Barrierefreiheit aber die Darstellung und Bedienbarkeit von Webangeboten. Manche Menschen werden sich ausgeschlossen fühlen, wenn ein digitales Angebot nicht uneingeschränkt bedienbar ist oder es Menschen mit bestimmten Beeinträchtigungen von vornherein von der Nutzung ausschließt. Das bedeutet natürlich auch, dass ein Onlinedienst eher genutzt wird, wenn er möglichst barrierefrei konzipiert und gestaltet wurde. Unternehmen können also davon profitieren, barrierefreie Inhalte bereitzustellen.

Was sind die WCAG genau?

Die WCAG wurden geschaffen, um einen Überblick darüber zu geben, welche möglichen Einschränkungen es eigentlich gibt und wie diese die Nutzung von Onlineangeboten beeinträchtigen können, die nicht barrierefrei entwickelt wurden. Mit diesen Richtlinien soll unter anderem sichergestellt werden, dass digitale Inhalte wirklich für alle Menschen zugänglich sind – egal, welchen Einschränkungen diese unterliegen. Für die Schaffung einer inklusiven Onlineumgebung sind die WCAG daher enorm wertvoll.

Die WCAG unterteilen sich in mehrere Ebenen, die die unterschiedlichsten Aspekte der Barrierefreiheit betreffen. Unterhalb der vier Grundprinzipien existieren 13 Richtlinien, von denen eine hier näher vorgestellt werden soll: Richtlinie 3.2 Vorhersehbarkeit.

Weitere Details und eine nähere Beschreibung der WCAG und ihres Aufbaus finden Sie übrigens im Fast Forward IT Blog Web Content Accessibility Guidelines (WCAG).

Die einzelnen Erfolgskriterien für Vorhersehbarkeit im Überblick

1. Bei Fokus

“Erhält ein Bestandteil der Benutzerschnittstelle den Fokus, löst dies nicht eine Änderung des Kontextes aus.”

Hier geht es darum, die Funktionalität von digitalen Angeboten vorhersehbar zu gestalten, damit keine unerwartete Änderung des Kontextes auftritt. Eine solche Änderung des Kontextes könnte beispielsweise das Öffnen eines neuen Fensters oder die Umstrukturierung von Inhalten sein, ohne dass ein Eingabebefehl dazu gegeben wurde. Um dies zu verhindern, sollte eine Änderung des Kontextes nur dann erfolgen, wenn er beispielsweise mit einem Button aktiv ausgelöst wird, nicht aber bei Mouseover oder dem Wechsel mittels Tabulator-Taste.

2. Bei Eingabe

“Ändert der Nutzer die Einstellung eines Bestandteils der Benutzerschnittstelle, löst dies nicht eine Änderung des Kontextes aus, solange der Nutzer nicht über die Änderungen informiert wird.”

Diese Richtlinie sorgt ebenfalls dafür, dass die Funktionalität von digitalen Angeboten vorhersehbarer wird, indem sie festlegt, dass User stets darüber informiert werden, was passiert, wenn sie eine Eingabe tätigen. Ändert sich durch diese Eingabe der Kontext (es öffnet sich beispielsweise ein neues Fenster), sollte der Nutzer vorgewarnt werden.

3. Konsistente Navigation

“Navigationsmechanismen, die auf mehreren Webseiten innerhalb eines Satzes von Webseiten wiederholt werden, treten jedes Mal, wenn sie wiederholt werden, in der gleichen relativen Reihenfolge auf, außer eine Änderung wird durch den Benutzer ausgelöst.”

Diese Richtlinie ist vor allem für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen wichtig, da sie sich häufig an wiederkehrenden Elementen und visuellen Signalen orientieren. Ähnliche Inhalte also stets in der gleichen Reihenfolge darzustellen, hilft diesen Menschen dabei, das entsprechende Webangebot zu navigieren.

4. Konsistente Erkennung

“Bestandteile mit der gleichen Funktionalität innerhalb eines Satzes von Webseiten werden konsistent erkannt.”

Funktionale Bestandteile können für Menschen mit Beeinträchtigungen ein wichtiger visueller Anker innerhalb eines Webangebots sein. Sie müssen sich darauf verlassen können, dass der gleiche Button oder das gleiche Icon (beispielsweise ein Häkchen) auch immer die gleiche Funktionalität bzw. Bedeutung haben.

5. Änderung auf Anfrage

“Änderungen des Kontextes werden nur durch Benutzeranfrage ausgelöst oder es gibt einen Mechanismus, um solche Änderungen abzuschalten.”

Hiermit sollen beispielsweise automatische Weiterleitungen verhindert werden, damit Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen nicht verwirrt werden, weil sie die Weiterleitung im ersten Schritt gar nicht mitbekommen haben. Abhilfe kann dadurch geschaffen werden, indem entweder ein Mechanismus zur Verfügung gestellt wird, der den gewünschten Vorgang (die Weiterleitung) manuell auslöst, oder aber durch die optionale Abschaltung einer solchen automatischen Weiterleitung durch den Benutzer.

Testen Sie Ihr eigenes Webangebot auf Barrierefreiheit

Sie möchten wissen, zu welchem Grad Ihre Webseite schon jetzt barrierefrei ist? Dann nutzen Sie unseren kostenlosen Onlineservice www.bfsg-check.de und überprüfen Sie, inwiefern Ihr Webangebot den Anforderungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) jetzt schon genügt. Wir helfen Ihnen gerne bei der Gestaltung einer barrierefreien Webseite!